Chronik: Führer, Volk und Wehrmacht

00 Heldentod 1939
Der Obsteiger Dorfchronist Hubert Stecher stellt Beiträge über unseren Heimatort Obsteig auf ObsteigAktuell für alle Interessierten ins Netz.
 
„Für Führer, Volk und Wehrmacht“.
 

„Für Führer, Volk und Wehrmacht“.

„Für Gott, Kaiser und Vaterland“ sind noch ihre Väter beim Ersten Weltkrieg (1914-1918) gegen den Feind ins Feld gezogen. Was zuerst nach einer kurzen „Abrechnung“ mit den Serben aussah, die den Thronfolger auf dem Gewissen hatten, entwickelte sich zu einem vierjährigen Krieg mit Millionen Toten. Ungeheurer Machtwahn eines Psychopathen zündete 21 Jahre  später die Explosion, die einen Krieg apokalyptischen Ausmaßes auslöste. Der „Führer“ Adolf Hitler und seine Getreuen haben 55 Millionen Menschen auf dem Gewissen, darunter 6,7 Millionen Juden, Kommunisten, Homosexuelle und „unwerte Menschen“. Mit einer Propagandamaschine sondergleichen versuchte er, die Menschen zu begeistern, was vielfach auch gelang, bis in breiteste Bevölkerungsschichten. Sein Wahn war es auch, dem „deutschen Volke“, der „nordischen Rasse“ im Osten Siedlungsraum zu verschaffen, indem er „minderwertigen Völkern“ jenen Boden wieder wegnehmen wollte, auf dem „einst deutsche Bauerngeschlechter kraftvolle Söhne zeugen konnten“ (Hitler: „Mein Kampf“). Sein Blick richtete sich also in erster Linie nach Osten, Polen überrannte er am 1.9.1939 auch mit einem Blitzkrieg.

Einrücken mussten im Laufe des sechsjährigen Zweiten Weltkrieges (1939-1945) insgesamt 77 junge Obsteiger Männer, von denen 20 nicht mehr heim kamen. Sie alle mussten zu Beginn ihres Soldatenlebens den „Fahneneid“ auf den Führer leisten: „Ich schwöre bei Gott diesen heiligen Eid, dass ich dem Führer des Deutschen Reiches und Volkes, Adolf Hitler, dem Obersten Befehlshaber der Wehrmacht, unbedingten Gehorsam leisten und als tapferer Soldat bereit sein will, jederzeit für diesen Eid mein Leben einzusetzen.“  
Fahneneid


Von jenen 20, die gefallen oder vermisst sind, sind bis auf Heinrich Mantl alle im Norden oder Osten zuletzt eingesetzt gewesen (Heinrich in Frankreich). In den endlosen Weiten Russlands und Polens, sowie in der unbarmherzigen Eiswüste  im Norden Finnlands und auch an den anderen Fronten war es für sie wichtig, einen Draht zur Heimat und zu ihren Lieben zu haben, und das ermöglichte die Einrichtung der Feldpost. So konnte man schriftlich in Verbindung bleiben (aber die Post wurde zensuriert). Um die Moral der Truppen zu heben, stellte man seitens der gottlosen Führung den Soldaten auch ein religiöses Gesangbuch zur Verfügung, das vom politischen Gedankengut durchsetzt war, das „Feldgesangbuch“.

Im Folgenden einige Zitate aus dem Gesangbuch und dem Feldpost-Briefverkehr.
Feldgesangsuch
Feldgesangbuch:

„Die Wehrmacht ist der Waffenträger des deutschen Volkes. Sie schützt das deutsche Reich und Vaterland, das im Nationalsozialismus geeinte Volk… Die Wurzeln ihrer Kraft liegen in seiner ruhmreichen Vergangenheit, im deutschen Volkstum und deutscher Erde…“ „Ich bin freudig gehobenen Herzens. Was haben wir schon zu verlieren? Nichts als unser ärmliches Leben.“

„Der Gott, der Eisen wachsen ließ, der wollte keine Knechte. Drum gab er Säbel, Schwert und Spieß dem Mann in seine Rechte. Drum gab er ihm den kühnen Mut, den Zorn der freien Rede, dass er bestünde bis aufs Blut, bis in den Tod die Fehde. „Du hohes Land, wir schwören dir aufs neue: Dem Buben und dem Knecht die Acht!…  der speise Krähn und Raben. So ziehn wir aus zur Hermannsschlacht und wollen Rache haben!“

„Gib mir auch einen Heldensinn, die Feinde zu bestreiten, dass ich nicht mög, wenn schwach ich bin, Geschoß und Waffen meiden, viel mehr ganz treu und tapfer sei, als Mann mich zu erweisen…“

„Vater, ich rufe dich! Brüllend umwölkt mich der Dampf der Geschütze, sprühend umzucken mich rasselnde Blitze. Lenker der Schlachten, ich rufe dich!…“

„ Höchste Soldatentugend ist der kämpferische Mut. Er fordert Härte und Entschlossenheit. Feigheit ist schimpflich…“

„Segne besonders unseren Führer und Obersten Befehlshaber in allen Aufgaben, die ihm gestellt sind. Lass uns alle unter seiner Führung in der Hingabe an Volk und Vaterland eine heilige Aufgabe sehen.“

Feldpost-Nr80-vorne

Feldpost-zurueck

Dem Feldpost – Briefverkehr gefallener Obsteiger entnommen: (ohne Namensnennung…)

… Ich bin deshalb, seit mir die Aussichtslosigkeit der Urlaubsfrage gewiss ist, in der Verfassung, dass ich mich selbst nicht mehr kenne. Es ist kein Wunder, wenn man stur und interesselos wird …

„… mit meinen Gedanken bin ich immer bei Euch. Ich habe auch keine Lust mehr zum Schaffen. Die einzige Freude, für kurze Zeit vom Barras nichts mehr zu sehen und zu hören, ist nun vorbei …“

„… was sagt man in der Heimat von der jetzigen Kriegslage? Die Äußerungen unserer führenden Männer lassen immer mehr durchblicken, wie weit es mit uns steht und sind von ihrer früheren Prahlerei abgewichen. Sie müssen nun selbst sagen, dass die Zeit gekommen ist … obwohl dieses Ringen für uns immer aussichtsloser wird, ziehen sie es vor, noch zum gemeinsten Kampfmittel zu greifen … aus diesem Grunde bangt mir heute schon wegen deines Alleinseins.“

„… Wenn ich nur ein Stückchen Platz hätte, wo ich mich ausweinen könnte … Als ich den Brief las, habe ich geweint wie ein kleines Kind … Hier habe ich ja gar keinen Menschen um mich herum, der mir ein tröstendes Wort gibt …“

„Dem … tut es ganz gut, aber es wären schon noch mehr solche, die sollten alle müssen das durchmachen, wie ich hinter mir hab, dann verginge ihnen die große Schnauze …“

Brief eines verliebten Mädchens an ihren Freund in Russland: „… Warte voll Sehnsucht auf ein Foto von dir mein Liebling. Viele 1000.000 Grüße und Bussi sendet dir deine herzgeliebte Freundin …(großes Herz gezeichnet, Anmerkung) … bleib mir 3 – 4+4 (bleib mir treu, für und für, Anmerkung)“ Der junge Soldat erlebte den lieben Brief nicht mehr. Die Feldpost kam an das Mädchen zurück.

„Ich sitze in einem bösen Hexenkessel drin. Da vergeht einem jede Freude. Glühende Hitze, kein Wasser und dazu noch das unheimliche Feuer, mit dem wir überschüttet werden. Ihr Bruder ist nicht mehr gekommen, ich weiß nicht mehr, wo er sich befindet. …“

„… von dort bekamen wir die Nachricht, dass er gestorben sei. Das war so Sitte, dass die Kameraden davon in Kenntnis gesetzt würden …“

„… So, nun mache ich für heute Schluß mit den allerherzlichsten Grüßen an die Heimat …“

Auszüge aus den Mitteilungen der Dienststellen an die Angehörigen:

„ Ich bitte Sie, mein und aller Kameraden tief empfundenes Beileid zu dem schweren Verlust … Trost in dem stolzen Bewusstsein zu suchen, dieses Opfer für die Größe und den Bestand unseres Großdeutschen Reiches … gebracht zu haben. In stiller herzlicher Anteilnahme grüßt Sie mit Heil Hitler …“
Heldentod 1939
„… hat er sich als ein tapferer und mutiger Soldat gezeigt. Er galt als einer der Besten. Er ließ sein Leben getreu seinem Fahneneid für Führer, Volk und Vaterland.
Mit Ihnen in stolzer Trauer, Ihr Oberleutnant Kätelhut …

„Dienststelle der Feldpostnummer 10584D, den 18. Juli 1942:
Die Dienststelle überreicht in der Anlage eine Aufnahme vom Grabe Ihres Mannes.
Mahler, Hauptfeldwebel“

Die Zitate ließen sich beliebig fortsetzen doch kämen sie nicht annähernd an das heran, was die Soldaten, aber auch die Angehörigen daheim tatsächlich durchmachen mussten. Denn man durfte nicht alles schreiben. So bleibt verschwiegen, was die Soldaten alles mitansehen und miterleben mussten. Kann man die Hölle eigentlich schildern? In Werbeplakaten sah man damals nur kraftstrotzende „deutsche“ Männer mit kantigem Gesicht und kühnem Blick mit der Waffe vorwärts stürmen.
Wurde jemals ein weinender Soldat abgebildet?

(Quelle: Chronik Obsteig)

Wehrdienstbuch-q

Auszug aus einem Wehrdienstbuch – hier die Übersetzung

KriegstoteWK-II

Welche Gedanken hatten wohl die Soldaten als sie diese Wiesenlichtung betraten?